Im Gespräch mit Bernd Bielen
IBT.EARTH Projektmanagement
Öffentliche Beschaffung von Holz und Holzprodukten
Klimaverantwortung gemeinsam leben - bei gleichzeitigem Bürokratieabbau
Vor Beginn meiner letzten Informationsveranstaltung in Berlin habe ich mich von den Teilnehmenden interviewen lassen. Lesen Sie bitte den folgenden Mitschnitt dieses Dialogs - dann wird Ihnen in wenigen Minuten verständlich, welchen Mehrwert IBT.EARTH auch für Ihren Betrieb haben kann.
Frage:
Immer häufiger verlangen Auftraggeber:innen beim Einkauf und der Verwendung von Holz und Holzprodukten einen anerkannten Nachweis der nachhaltigen Herkunft. Unser Holz ist doch immer nachhaltig. Warum dann dieser Hype?
Antwort Bernd Bielen:
Der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) gilt als Schöpfer des Begriffs "Nachhaltigkeit". Vor mehr als 300 Jahren schrieb er die Idee des nachhaltigen Umgangs mit Rohstoffen nieder. Für Holz bedeutet das, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen kann.
Heute, über 300 Jahre später, ist das Prinzip der Nachhaltigkeit für Holz nicht nur im Bundeswaldgesetz sowie den Waldgesetzen der Länder fest verankert, sondern der zentrale Grundsatz der Forstwirtschaft in Deutschland. Dieser "Hype" wird veranstaltet, weil es um viel mehr als um Nachhaltigkeit, sondern um Waldzertifizierungen.
Die Waldzertifizierung ist ein Instrument, um wichtige Nachhaltigkeitsstandards bei der Waldbewirtschaftung weltweit zu garantieren. Die Verbraucher:innen können so beim Kauf von Holzprodukten erkennen, ob diese umwelt- und sozialverträglich hergestellt wurden
Frage:
Stimmt es, dass die Öffentliche Hand bei deren Beschaffungsmaßnahmen ausschließlich Holz aus nachhaltiger, zertifizierter Waldwirtschaft verlangt? Wenn ja, ist das überhaupt erlaubt?
Antwort Bernd Bielen:
Ja. Das wird so verlangt und das ist auch erlaubt.
So gilt für alle Bauten und Maßnahmen
- des Land Berlin der Berliner Holz-Beschaffungserlass;
- Bundesbauten der Holz-Beschaffungserlass des Bundes.
Die entsprechenden Holzerlasse müssen zwingend angewendet und umgesetzt werden.
Die Bieter:innen werden vertraglich verpflichtet, die Vorgaben der jeweiligen Erlasse einzuhalten und die erforderlichen Herkunftsnachweise der Holzherkunft zu gewährleisten und zu dokumentieren. Machen sie dies nicht, drohen empfindliche Sanktionen. Immer weitere Behörden schließen sich dem Holzerlass des Bundes verbindlich an.
Frage:
Stimmt es, das im Land Berlin zwei Erlasse zur Anwendung kommen?
Antwort Bernd Bielen:
Ja. Das stimmt. Berlin ist, wie so oft, ein Sonderfall.
Wird Holz
- für Bauten des Landes Berlin eingesetzt - beispielsweise für einen städtischen Kindergarten, gilt der Holz-Erlass des Landes Berlin
- für Bundesbauten eingesetzt, beispielsweie für ein Bundesministerium - gilt der Holz-Erlass des Bundes.
Wenn Privatpersonen vom Staat subventionierte (beispielsweise durch das BAFA) Holzfenster verwenden, gilt der Holzerlass des Bundes.
Frage:
Sorry, das ist doch lächerlich.
Antwort Bernd Bielen:
Ich finde das nicht lächerlich. Es wird gefühlt 24 Stunden am Tag über Klimaschutzmaßnahmen geredet. Das ist auch wichtig. Wer dann aber selber davon betroffen ist, findet ein solches Vorgehen häufig übertrieben. Berlin ist bundesweiter Vorreiter bei der Öffentlichen Beschaffung.
Frage:
Okay, akzeptiert, aber wer soll da noch durchblicken?
Antwort Bernd Bielen:
Ich (lacht). Aber es ist trotz allem relativ einfach, ich erläutere es Ihnen:
Es gibt vier Nachweismöglichkeiten, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht:
1. Ein eigenes anerkanntes Lieferkettenzertifizierungszertifikat (CoC) der Bieter:innen.
2. Gleichwertige Zertifikate. Die Gleichwertigkeit darf ausschließlich
- durch eine schriftliche Bestätigung durch das Thünen-Institut, oder
- des Bundesamtes für Naturschutz erfolgen, oder
- TÜV
3. Ein durch unabhängige Dritte (beim Berliner Erlass sind ausschließlich akkreditierte Stellen erlaubt, keine Gutacher:innen der Kammern) erstellter qualifizierter Einzelnachweis.
4. In einfachen Fällen (in Berlin ersatzlos gestrichen) durch Vorlage eines einfachen Einzelnachweises. Ein einfacher Fall liegt ausschließlich vor, wenn an den gelieferten zertifizierten Holzfertigprodukten nichts mehr verändert wird.
Frage:
Das soll einfach sein? Waldzertifizierungen, Lieferkettenzertifikate, Nachweisführung - das ist Bürokratie pur. Wie sind denn solche Zertifizierungssysteme aufgebaut?
Antwort Bernd Bielen:
Es wird unterschieden zwischen:
- Waldzertifizierungssystemen (Forest Management)
- Lieferkettenzertifizierungen (Chain-of-Custody)
Die Waldzertifizierungssysteme geben vor, wie ein Wald bewirtschaftet werden muss. Neben ökologischen Aspekten der Nachhaltigkeit spielen zudem ökonomische und soziale Aspekte eine sehr große Rolle. Durch regelmäßige Kontrollen akkreditierter Zertifizierer in den Wäldern wird gewährleistet, dass alle Regeln im Wald eingehalten und umgesetzt werden.
Frage:
Stopp, spätestens jetzt geht doch jeglicher Überblick verloren. Wie soll denn bitte zertifiziertes Holz aus dem Wald als solches am Ende der Kette nachweislich ankommen?
Antwort Bernd Bielen:
Ich war noch nicht fertig (lacht). Im Wald ist das noch relativ einfach zu kontrollieren und zu gewährleisten. Dann geht das Holz auf den Weg in lange Produktions- und Lieferketten, wo es zu Produkten verarbeitet wird. Hier greift die Lieferkettenzertifizierung Chain-of-Custody (CoC).
Eine CoC beginnt an der Waldstraße, wenn die Bäume zur weiteren Verarbeitung auf den Weg gebracht werden. Alle Beteiligten einer solchen Lieferkette, Sägewerke, Hersteller, Verarbeiter und Händler bis hin zum Holzhausbauer, Parketthersteller, Dachdecker und Tischler am Ende der Kette, müssen selber zertifiziert sein, möchten/müssen sie eine Aussage über die Zertifiziertheit der Hölzer treffen.
Frage:
Wie soll das bitte funktionieren?
Antwort Bernd Bielen:
Jeder Betrieb innerhalb der Kette darf und muss sich hier auf den Vorlieferanten verlassen. Jeder in der Kette wird regelmäßig durch akkreditierte Stellen überprüft und erhält eine individuelle Zertifikatsnummer mit Datenbankeintrag.
Jedes Mitglied einer solchen Kette bestätigt beim Verkauf von Holzprodukten durch die jeweilige Angabe der eigenen Zertifikatsnummer, dass das Holz zertifiziert ist.
Durch regelmäßige Kontrollen in jedem dieser Betriebe wird gewährleistet, dass alles korrekt läuft, die Produkte auch tatsächlich aus zertifiziertem Holz bestehen, die Lieferkette nicht verlassen haben und kein unzulässiges Holz in die Lieferkette gelangte.
Frage:
Das ist ja alles schön und gut und auch sinnvoll fürs Klima. Aber durch das Vorhandensein der beiden Waldzertifizierungssysteme PEFC und FSC ergeben sich doch völlig groteske Situationen, welche zur zeitlichen und finanziellen Posse für die an entsprechenden Ausschreibungen teilnehmenden Betriebe werden können.
Antwort Bernd Bielen:
Ja, das stimmt leider, sie treffen hier den Nagel auf den Kopf.
Verbindliche und anerkannte Aussagen, dass Holz nach PEFC und/oder FSC zertifiziert ist, darf nur von solchen Betrieben getroffen werden, welche selber nach diesen Standards zertifiziert sind. Problem hierbei: PEFC und FSC erkennen sich gegenseitig nicht an. Ist ein Betrieb nach PEFC zertifiziert, darf er nur Aussagen bezüglich PEFC-zertifiziertem Holzes treffen. Ist ein Betrieb nach FSC zertifiziert, darf er nur Aussagen bezüglich FSC-zertifiziertes Holz tätigen.
Frage:
Dann werden Betriebe ja gezwungen, sich jeweils nach beiden Systemen zertifizieren zu lassen, so sie Hölzer beider Systeme nutzen wollen?
Antwort Bernd Bielen:
Ja, das kann ich nur bestätigen. Es wird noch grotesker: Um ein Produkt nach den jeweiligen Standardvorgaben als entsprechend zertifiziert deklarieren zu dürfen, müssen mindestens 70% des Produktes aus entsprechenden zertifizierten Wäldern stammen. Hierbei sind ausschließlich jeweils die eigenen Standards der jeweiligen Systeme gemeint.
Das bedeutet: Wird ein Produkt beispielsweise aus 50% PEFC-zertifiziertem Holz und 50% FSC-zertifiziertem Holz hergestellt, gilt dieses Produkt aufgrund gängiger Richtlinien nicht als entsprechend zertifiziert. Nachhaltiges, zu 100 % zertifiziertes, Holz wird durch die gegenseitige Inakzeptanz beider Systeme regelrecht abgewertet.
Selbst wenn ein Betrieb nach beiden Systemen zertifiziert ist, darf er das zertifizierte Holz des anderen Systems und somit das hergestellte Produkt nicht als zertifiziert seinem herzustellenden Produkt hinzufügen.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden hier meines Erachtens hochgradig ad absurdum geführt.
Frage:
Sie wollen mich auf den Arm nehmen? Das ist doch gelebter Irrsinn.
Antwort Bernd Bielen:
Auf den ersten Blick mag das so erscheinen, aber das relativiert werden. Gewerbliche und private Kund:innen dürfen in einem freien Wettbewerb explizit verlangen, was sie möchten. Eben auch, dass Holz ausschließlich nach einem bestimmten Standard zertifiziert ist. Ist ein Betrieb nach PEFC zertifiziert und es wird FSC-Holz verlangt (oder umgekehrt), muss der Betrieb sich entsprechen zertifizieren lassen, so er den Auftrag haben möchte.
Bei der Öffentlichen Beschaffung sieht das anders aus: hier müssen PEFC, FSC und gleichwertige Zertifikate akzeptiert werden. Alternativ: akkreditierte Einzelnachweise.
Frage:
Moment. Ist ein Betrieb, welcher für die Öffentliche Hand arbeitet, nach PEFC zertifiziert und verwendet FSC Holz (oder umgekehrt) , benötigt er für solches Holz einen akkreditierten Einzelnachweis?
Antwort Bernd Bielen:
Grundsätzlich ist das so, nein, war das so.
Frage
Sie machen uns neugierig, wieso war?
Antwort Bernd Bielen:
Fakt ist, dass Bieter:innen anerkannt nachweisen müssen, dass das von ihnen eingesetzte Holz anerkannt zertifiziert ist. Sie möchten diesbezüglich aber in der Regel nicht mit den Logos irgendwelcher Systeme werben um dafür sogar noch Werbegebühren zahlen müssen. Schon gar nicht wollen sie sich doppelt zertifizieren lassen.
Auch möchten die Bieter:innen in der Regel keine Aussage treffen, dass das eingesetzte Holz nach einem bestimmten Standard zertifiziert ist. Sie möchten/müssen „lediglich“ Aussagen treffen, dass das verwendete Holz nach einem anerkannten Standard zertifiziert ist.
Frage
Ich ahne es: It’s Business Time hat da aber ein System entwickelt, um diesen Irrsinn zu stoppen?
Antwort Bernd Bielen:
Korrekt. It's Business Time hat das markenrechtlich geschützte IBT.EARTH Lieferkettensystem entwickelt. Grundlage ist die DIN ISO 38200 (Lieferkette von Holz und Holz basierten Produkten).
Klimaverantwortung gemeinsam leben - bei gleichzeitigem Bürokratieabbau. Vorrangiges Ziel des IBT.EARTH Lieferkettensystems ist die Vereinfachung der Nachweisführung der Holzherkunft auf der Grundlage innovativer Vorgehensweisen unter Anwendung weltweit gültiger Standards und Normen.
Unabhängig davon, nach welchen Waldzertifizierungssystemen - zu welchen Anteilen - die eingesetzten Hölzer tatsächlich zertifiziert sind.
Frage:
Ist IBT.EARTH offiziell anerkannt?
Antwort Bernd Bielen:
Ja. Alle dem IBT.EARTH Netzwerk angeschlossenen Betriebe und Unternehmen
- erfüllen bundesweit die relevanten Anforderungen bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand, bei welchen Holz und Holzprodukte Teile der Leistungsverzeichnisse sind.
- benötigen somit bundesweit bei der Teilnahme an holzrelevanten Ausschreibungen keine Mehrfachzertifizierungen oder Einzelnachweise.
Die am IBT.EARTH System teilnehmenden Betriebe und Unternehmen vermeiden Irritationen und Nachteile, die sich durch einen Wechsel von Zertifikaten der Systeme PEFC und FSC entlang der Produktkette ergeben können.
IBT.EARTH Material ist mit einem Zertifizierungsstatus versehen, welches die Anforderungen der Zertifizierungssysteme PEFC und FSC erfüllt und bei dem IBT.EARTH die Zertifizierung nach diesen Systemen durch Dritte sowie die Einhaltung der Sorgfaltspflichtregelungen nachweisen kann.
Die Aussage der uns angeschlossenen Betriebe lautet: 100% IBT.EARTH zertifiziert aus nachhaltiger, zertifizierter Waldbewirtschaftung
Frage:
Da müssen Ihre Mitbewerber:innen doch Panik bekommen, wenn durch IBT.EARTH das gesamte Zertifizierungssystem im Bereich der Öffentlichen Beschaffung revolutioniert wird. Ist das so?
Antwort Bernd Bielen:
Ja, manchmal muss ich aufpassen, wenn ich alleine unterwegs bin (lacht laut).
Spaß beiseite. Dank IBT.EARTH ist eine eigene PEFC- und/oder FSC-Zertifizierung für Bieter:innen - bundesweit - nicht mehr notwendig. Die Zeit- und Kostenersparnis für Betriebe und Unternehmen ist enorm. Nicht zuletzt auf für die Öffentlichen Verwaltungen, die schnell und stressfrei eine anerkannte Gewährleistung erhalten.
Frage:
Das ist ja kaum zu glauben. Nochmal: IBT.EARTH gilt somit echt als gleichwertig zu den anderen Systemen?
Antwort Bernd Bielen:
Ja. Mit einer IBT.EARTH Aussage über die Herkunft des Holzes aus anerkannter nachhaltiger, zertifizierter Waldbewirtschaftung aufgrund eines anerkannten FM (Wald) Zertifikats, gilt die IBT.EARTH Aussage als gleichwertig zu anderen anerkannten Zertifizierungssystemen im Sinne des Beschaffungserlasses und der Eigenerklärungen laut Formblätter
- V 239 F (Erklärung zur Verwendung von Holzprodukten BERLIN)
- V 248 F (Ergänzung Besondere Vertragsbedingungen – Umweltschutzanforderungen BERLIN)
- F 248 (Erklärung zur Verwendung von Holzprodukten BUND)